Lesung in Northeim 2011

Ein Gedicht-Abend mit Annemarie Schnitt

in der "Donnerstagsgesellschaft" am 9. Juni 2011
im Hotel Schere (Heinrich-Heine-Zimmer)

Texte zum allergrößten Teil aus ihrer neuen Veröffentlichung
"Perlfluss Poesie":

Verlag: Kulturförderverein Ruhrgebiet
ISBN: 978-3-931300-28-9
Einband: Paperback
Preisinfo: 9,80 Eur[D] / 10,10 Eur[A]
Seiten/Umfang: ca. 68 S. - 21,0 x 14,8 cm

Bestellbar per E-Mail an info@kfvr.de beim Verlag
oder im Internet beim Buchhändler Amazon.


Flyer für die Lesung



Einstieg in die Lesung
Northeim, am 9.6.2011 (Lesung in der Donnerstags-Gesellschaft)


… Ich bedanke mich herzlich für die Einladung in diese „Donnerstags“-Runde. Bei Ihnen lesen zu dürfen, ist mir eine Ehre. Vielleicht wird für mich als Zugezogene, die ihr Herz zuvor ans Ruhrgebiet verloren hatte, auch Northeim dadurch noch etwas vertrauter?

Im Ruhrgebiet erlebte ich neben sehr interessanten Aktivitäten im kirchlichen Raum auch gute Begegnungen über den dortigen Kulturförderverein Ruhrgebiet.
Es waren Freunde dieser Gruppe, die mich damals an den Computer brachten. Sie führten mich ein und gestalteten mir eine eigene Homepage für meine vielen, inzwischen angesammelten Texte.
Auf diese Weise kam ich an einen „virtuellen“ Schreibtisch, an dem ich systematischer Ordnung schaffen konnte als auf dem realen mit vielen Zetteln und Blöcken. Es gab erste Mail- und Gästebuchreaktionen, Gedankenaustausch mit mir fremden Menschen, die auf die Texte gestoßen waren. Eine neue Welt für mich, die im Laufe der Jahre mein Leben sehr bereicherte!
Nachdem ich in den 80er Jahren drei kleine Lyrik-Buch- Veröffentlichungen im Kiefel-Bertelsmann-Verlag hatte, betreute mich hier im Kulturförderverein eine junge Germanistin als Lektorin im einem neu gegründeten Verlag des Kulturfördervein Ruhrgebiet(KFVR). Dort kam gerade ein viertes Büchlein von mir heraus, der “Perlfluss Poesie“, dessen Titel einen sehr speziellen Hintergrund rückspiegelt. Darauf möchte ich zum besseren Verständnis kurz eingehen:

Ich bin in Südchina geboren, bin zwischen Perlfluss und Ostfluss (im heutigen Guangzhou) auf einer Missionsstation aufgewachsen. Mein Vater leitete dort als Missionar der Rheinischen Kirche Wuppertal ein Lepra-Asyl mit über 300 an Aussatz erkrankten Menschen. Es wurde am Anfang des 20. Jahrhunderts als erstes Auffanglager gegründet, als Missionare die von der Gesellschaft Ausgestoßenen auf Friedhöfen, in einsamen Höhlen und Ecken auflasen und ihnen ein Obdach schafften auf einer nahen Halbinsel im Ostfluss, der nicht weit entfernt in den Perlfluss mündet. In diesem Perlfluss-Ostfluss-Gebiet wirkten Missionare schon seit über 100 Jahren im ärztlichen, im Schul- und seelsorgerlichen Dienst, bis die Mao-Revolution 1949 die Ausländer vertrieb.
Ich sehe in meinem Vater den ersten Entwicklungshelfer dort, dessen besonderes Anliegen, bei auch ausgeprägt praktischen Begabungen, eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die noch arbeitsfähigen Kranken war, um ihrem Leben Sinn zu geben. Er baute mit ihnen – es fehlte nicht an tüchtigen Handwerkern bei den Betroffenen – sicherere Häuser und Hochwege gegen die ständigen Überschwemmungen … und dazu die erste Wasserleitung im südchinesischen Raum.
Wichtig war eine Anlaufstelle für Neuankömmlinge, ein Haus zur Aufnahme, zur Neueinkleidung und für die notwendige erste ärztliche Untersuchung. Eines Tages wurde ein 15-jähriges Mädchen eingeliefert, das sich sogleich in den Ostfluss stürzte aus Verzweiflung über seine Lage. Drei beherzte Kranke sprangen hinter ihr her und retteten sie aus den Fluten. Dieses Kind wurde zum Liebling aller – umsorgt und geliebt in den weiteren Jahren.
Einmal wöchentlich fuhr der Missionsarzt einer nahen Hospitalstation im Boot meines Vater mit hinüber zur Lepra-Insel, um den Gesundheitszustand der Betroffenen zu überprüfen.

Eine Kapelle wurde gebaut als Begegnungszentrum, ein Raum für Gespräche, Andacht und Stille. Mit der Harmonie-Lehre der drei chinesischen Religionen, dem Daoismus – Buddhismus – Konfuzianismus, versuchten Christen ihr theologisches Denken in Einklang bringen! In allen Religionen geht es um den Menschen zwischen Himmel und Erde. Unserm christlichen und ausgeprägt anthropologischem Heilsverständnis steht ein kosmisches in den anderen Religionen gegenüber. Auch die christlichen Aussagen wurden verstanden und dankbar angenommen und Gemeinden gegründet, zu denen es heute noch Kontakte gibt.
Auf dem Gelände des Lepra-Asyls entstanden Töpfereien, Werkstätten mit Brennöfen für alle nötigen Gebrauchsgegenstände wie Reisschalen, Vasen, Krüge. Angelieferte Tonerde wurde gemischt mit vorhandenem Quarzsand und Wasser vom Flussufer vor Ort.
Mein Vater ließ eine Steinpresse aus Deutschland kommen und stellte mit den Lepra-Kranken Stein- und Terrazzoplatten in jeder Größe und Menge her, etwas ganz Neues damals auf dem chinesischen Markt – Ware, die als gebrannte Ware auch verkauft werden konnte in die Städte rundum. Noch heute zum Beispiel – ich hoffe es! - ist der Bahnhofsvorplatz von Guangzhou mit den Platten vom Asyl gepflastert. Auch Hospitäler in Hongkong zeigten großes Interesse an den neuartigen Fußbodenplatten.
So trugen die noch arbeitsfähigen Kranken selbst bei zu ihrem Lebensunterhalt, entwickelten neue Lebensfreude und waren nicht nur auf Spenden aus Amerika und anderswo angewiesen.
Oft erzählte mein Vater von der sehr besonderen Arbeitsatmosphäre dort: Jede Arbeit war freiwillig, einige schafften nur noch Handreichungen, andere schauten zu und freuten sich mit den Schaffenden über die Erfolge!
In diesem Umfeld wuchs ich mit meiner jüngeren Schwester mit chinesischem Namen (Mulan und Amui) unter Chinesenkindern auf. Wir sprachen ihre Sprache, spielten ihre Spiele. Ein paar Jahre später kamen noch ein Bruder und eine Schwester hinzu. Da ich wiederholt bedenklich an Malaria erkrankte, entschlossen sich meine Eltern schweren Herzens, mich mit meiner Schwester nach ihrem Deutschlandurlaub 1932 im Missionsinternat in Düsseldorf -Kaiserswerth zu lassen – bis zum nächsten Urlaubswiedersehen nach den üblichen sechs Jahren. Daraus wurden dann kriegsbedingt 16 Jahre. Erst 1948 gab es dann ein bewegendes Wiedersehen am Flughafen in Frankfurt.
Doch das alles ist nicht das Thema dieses Abends. Der Perlfluss, den ich als Kind erlebte, blieb mir mit guten Bildern im Gedächtnis. Ich sah ihn 1991 wieder bei einem Besuch der alten China-Gemeindestationen und wanderte in Guangdomg gedankenverloren an seinem Ufer entlang. Inzwischen wurde er für mich zu einem Gedankenfluss, zum „Perlfluss Poesie“, der sehr viel verstecktere Bahnen zieht als der mächtige Fluss der Kindheit in China.
Und nun – bevor ich lese – noch diese Frage: Wie kommt man ans Schreiben?
Mir schenkte ein Patenonkel zur Konfirmation im ersten Kriegsjahr ein dickes leinengebundenes Tagebuch: blau mit kleinen roten Blüten darauf … Das begleitete mich durch die Pubertät, half mir über manche Kriegsereignisse und Heimwehphasen hinweg und hielt mich an zum ersten Reflektieren und Gedankensammeln. Ein originelles Sammelsurium trauriger und lustiger Lebenserfahrungen, erste Rilke-Gedichte, später auch Hölderlin und dazwischen versponnene eigene Schreibversuche. Ein Tagebuch löste im Laufe der Zeit das nächste ab, bis dann in letzten Büchern sehr viel später nur noch Gedichtversuche übrig blieben.

Vielleicht ist der Perlfluss Poesie auch eine Art Tagebuch! „Möcht nicht sprachlos werden“ heißt eins meiner ersten Lyrikbändchen aus dem Kiefel-Bertelsmann-Verlag aus den 80er Jahren. Denn: Schreiben heißt doch „bei Sprache bleiben“, heißt zu kommunizieren mit sich selbst, mit Gott, mit einem Gegenüber.
Bevor ich lese, möchte ich noch kurz Octavio Paz, den mexikanischen Dichter und Diplomaten zitieren.
Er schreibt: "Das Gedicht, sei es offen oder verschlossen, fordert die Abschaffung des Dichters, der es schreibt, und die Geburt des Dichters, der es liest oder hört!“
In diesem Sinne möchte ich mich jetzt abschaffen beim Lesen der jüngsten Gedichte aus dem Perlfluss Poesie.



"Das Gedicht, sei es offen oder verschlossen, fordert die Abschaffung des Dichters, der es schreibt, und die Geburt des Dichters, der es liest oder hört!“
Octavio Paz


Geheimsprache 

Kennst du sie
die Sprache mit Melodie
die Geheimsprache Poesie
die Sprache der Sprachen

sie schläft nebenan

wenn du sie weckst
sie für dich entdeckst
wird die Sprache der Sprachen
dich hellhörig machen



Ein Gedicht

zerbrechlich wie ein Glas
aus Kristall
nimm behutsam
das zarte Gebilde
und halt es gegen den Tag
vielleicht erkennst du
im Zauberkreis
sich brechenden Lichts
Spuren gebrochenen Seins
aufgefangen im Spielraum
gezündeter Farben



Das Gedicht 

ein bewohnbarer Raum
die Zeit wie gebannt
Gedanken sammeln sich
Träume nisten sich ein
Sterne blitzen auf über
dem verdichteten Leben



Der Perlfluss Poesie

der schmale
wie er sich Bahn bricht
durch alle Winkel der Welt
unauslotbar seine Quelle
unauffindbar sein Ziel
im Zenit der Zeit
unaufhaltbar sein Lauf
geheimnisumwachsen
neben wilden Gewässern
wie er sich verliert
in Tiefen und Tälern
sich wiederfindet
unter Sonne und Mond
Aufgelesenes fortzutragen
ins Gedächtnis der Tage



Meine Landschaft

ist die der Gedanken

der verzweigten

wie Baumgeäst kahl
gegen den Himmel
meine Landschaft

ist die der Träume

der tröstlichen

nackte Zweige
zum Blühen zu bringen



Etwas in mir

ist jung geblieben
bewegt sich auf leichten Füßen
streckt sich zu Sonne
schwimmt gegen denStrom
hält mir die Stange
beim Sprung über die Zeit



Dunkel das Wasser

im Brunnen der Erinnerung
wenn du dich beugst
über den Rand

den steinernen wird es lebendig
spiegelt Gesichter
und tanzende Sterne
spiegelt Zweige im Wind
spiegelt dir Leben zurück



Bilder

die ohnmächtig machen  
den Atem stocken lassen
dich aus der Fassung bringen
Bilder
die mehr sind als Bilder
von Menschen mit Namen
mit einem Gesicht wie du und ich
Bilder
die sich einbrennen
unauslöschlich in dir
unaufhebbar
vom hämmernden Herzen



Erinnerungsgang durch die Stadt
(Gedenken an das Schicksal der Juden)

Und plötzlich wird dir die Stadt vertraut
wo die Toten auferstehen
in der Erinnerung
wo sie ihren Geschäften
im Alltag nachgehen
wo sie sich bege
in Versammlungen
wo sie ihre Fenster
öffnen und schließen
wo sie sich zuwinken
quer über die Straße
auf der du heute stehst
ihnen zuzuwinken
in tiefer Betroffenheit



Bei Trost sein

Sind wir Menschen noch
bei Trost
in unserm Tun
in unserm Lassen
noch bei Trost
beim blinden Sprung
über Grenzen in Zukünftiges
bei Trost in unserer Utopie
dass alles machbar sei
die Natur verfügbar
der Mensch manipulierbar
sind wir Menschen noch
bei Trost
in unserer Selbstvergöttlichung
im Löschen der Hypothese Gott
der tragenden
die uns bei Trost hält



Das verwundete Gedächtnis

der unterdrückten Menschen
der ausgeplünderten Völker
das verwundete Gedächtnis
es schläft nicht
es reibt sich die Augen
es ist hellwach geworden
es schlägt gegen die Tür
unserer Tage
es rammt die Pfosten der Zeit
das verwundete Gedächtnis
es ist wach geworden
wacher denn je
zum Widerstand
gegen die Wilderer der Welt



Wenn du verstehst

lichtet sich Nebel
vibriert die Luft
ebnen sich Wellen
wächst Gras drüber
entspringen Sterne deiner Stirn
wenn du verstehst



Heinrich Heine

Besessen von der Suche nach
Freiheit
besessen Geschichte zu schreiben
mit Bildern einer besseren Welt
besessen sich selbst auszuhalten
Schlafende wachzutrommeln
die Tugend der Jugend
fortzutragen ins Alter



Sie tragen noch heute

die großen alten Geschichten
der Menschheit
sie tragen noch heute
neu erzählt:
Das Chaos von Babel
Kain und Abel die große Flut
das Hoffnungsblatt
im Schnabel der Taube
Hiobs Durchbruch zum Leben
die Idylle von Bethlehem
hinter dem Argwohn der Welt
sie tragen noch heute
die großen Bilder des Lebens
sie wirken weiter
als Essenz des Seins



Harfenmusik und zweiter Teil:

Und nun weiter im Text:
Wer Gedichte veröffentlicht
(schreibt Donald Marquis),
wirft ein Rosenblatt in den Grand Canyon
und wartet auf Echo.

Und die Nobelpreisträgerin
WISLAWA SYMBORSA sagt:

„Manch wackelige Antwort
ist dieser Frage bereits gefolgt.
Aber ich weiß nicht, ich weiß nicht.
Ich halte mich
daran fest
wie an einem rettenden Geländer.“

(Und bei Schleiermacher lese ich
Keine Poesie – keine Wirklichkeit)




Nichts geht verloren

nicht die Landschaft
durch die ein Wind
dich getrieben nach vorn
nicht die Gärten der Kindheit
in denen immer noch
Fragen blühen
die erste Liebe nicht
alle die Wege bergauf
die Wolkenbrüche der Trauer
nicht das Glück
der Schmetterling
auf geöffneter Hand

nichts geht verloren
Leben ist Frucht
des Erlebten



Freundschaft

schmeckt wie runder Wein
hört sich an wie helles Lachen
fühlt sich an wie weiches Fell
riecht nach frischem Gras
wächst wie Immergrün
zu übergrünen den Winter



Ein Einmaleins

Wär zwischen uns
wild und schön
eine Wiese zum Entgegengehen
wir pflückten Sträuße
aus Sonne und Wind
ein Einmaleins
darin wir einig sind



Zeichen setzen

Mit U l l a:  Herz über Kopf
Mit I n g e b o r g:  Die Zeit stunden
Mit L u i s e:  Im Dunkel singen
Mit C h r i s t a: Sich erinnern
Mit H i l d e:  Eine Rose als Stütze
Mit M a r i e-L u i s e: Nicht so sicher sein
Mit E l s e:  Hell schlafen dunkel wachen
Mit D o r o t h e e:  Fliegen lernen
Mit N e l l y:  Ausgeliefert sein
Mit Rose: Sich bekennen zur Poesie



Ein bisschen Winterschlaf

braucht die Seele
die Schneedecke über dir
zu überdecken den Acker
mit seinen dunklen Furchen
schneeweiß zu umhüllen
das Geäst der Trauer der Sorge
heimzuholen das Geheimnis
hinter den Dingen
ein bisschen Winterschlaf
braucht die Seele
unter der weißen Decke
der Träume vom Gelingen
aufzulesen das Ungeschriebene
hinter dem Festgeschriebenen
Erstarrtes wieder aufzutauen
zu neuem Leben



Auf dem Weg nach vorn

Nie hörst du auf zu träumen
auf dem Weg nach vorn 
es gibt kein Zurück ins Gestern
es gibt nur ein Weiter
vielleicht an Strände
närrischer Vernunft
vielleicht an Ufer
vergessener Weisheit



Und plötzlich

gerätst du ins Schweben
da ist nichts Festes mehr unter den Füßen
du verlässt den Alltagskokon
lässt dich gleiten ins Offene
nach allem Festgefügten
entdeckst eine neue Welt
eine noch unentdeckte
eine leichtere
losgelöst vom Druck des Tages
du wagst den Blick in die Weite
um neu zu verstehen



Schwerpunkte

dir du setzt
im Laufe der Jahre
Punkte die schwerer wiegen
als das Vielerlei und Einerlei
Punkte die dich herausfordern
mit klarem Blick
auf den Punkt zu kommen
im Zug durch die Zeit



Ein Flügel Poesie

Einen Kopf zu
zu erkennen das Ziel
zwei Füße
zu durchforsten
die Schätze der Welt
zwei Hände
zu hüten das Heil
ein Herz aufzufangen
den Fluss der Dinge
ein Flügel Poesie
Unfassbares
zu erfassen im Fliegen



Heute Nacht

ein Gedicht verloren
im Getümmel der Träume
im Morgengrauen
eine Menge Meilen
zurückgelaufen
keiner wird mir je
den Vogel bergen
der aus dem Nest gefallen



Eines Tages

verflüchtigst du dich
wie ein Traum sich
verflüchtigt am Morgen
eines Tages
wird kein Tag mehr sein
und keine Nacht  für dich
gefüllt mit Träumen
eines Tages
öffnet sich der Horizont
du löst die Riemen der Schuhe
und fliegst davon



Sommertag

Noch ist Sommertag und offen der Himmel

die Luft voller Samen
und süßem Duft

 in den Feldern der Mohn in den Gärten Margriten
am Steilhang zwischen Moos
mein kleines Gedicht



Noch ist Sommertag und offen der Himmel
es dreht sich der Drachen
lautlos im Wind

der Surfer spannt den Flügel
zum Flug über Fluten

am Spinnennetz spinnt
mein kleines Gedicht



Noch ist Sommertag
und offen der Himmel

es atmet die Erde
ganz arglos im Traum

was tun – wenn durch Menschen Zerstörung einbricht
schon wachsen Taubenflügel meinem kleinen Gedicht



UND NOCH EINS
Den Reim gibt es nicht mehr
nichts reimt sich auf Reim
es sei denn
Reim geht einem Reim
auf den Leim


Dazu der Kommentar einer Tochter:

Mama:
Schließlich passt auf Reim
Ordnung Wohlstand
trautes Heim
bei Magendrücken Haferschleim
auf alles gibt es einen Reim
Kritik erstickt im ersten Keim
auf dem Leim vom Reim





Foto: Berni Patten, Köln



Grafiken auf dieser Seite und im Buch
mit freundlicher Genehmigung von Elisabeth Wegerle, Hamburg:

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